
… Antike Statuen vermitteln Werte, Ansichten Ideale und das zeitgenössische Selbstverständnis einer Gesellschaft. Dabei sind oftmals keine real existierenden und historischen Personen dargestellt, die Aussagekraft der Figuren ist dadurch zuweilen aber umso höher ….
Unsere zweite Ausgabe der X vs. Y-Reihe stellt zwei Pole gegenüber, die bis heute ein aktuelles Thema sind: Die Jugend, verkörpert durch die Statue des Doryphoros, und das Alter, ausgedrückt in der Statue eines alten Fischers.
Der Doryphoros – aus dem Griechischen: Speerträger - wurde als Bronzestatue um 450 v. Chr. von dem berühmten Bildhauer Polyklet geschaffen. Dabei verkörpert die Skulptur das zeitgenössische Ideal eines jungen Griechen: Er musste sich sowohl der sportlichen als auch der militärischen Tätigkeit widmen. Er steht als junger Erwachsener in der Blüte seines Lebens: in aufrechter Haltung, die den Inbegriff der Ausgewogenheit von Be- und Entlastung der einzelnen Körperteile wiedergibt, und mit angespannten Muskeln. Der heute verlorene Speerversetzt ihn gleichsam in den militärischen Bereich.
Die Statue eines alten Fischers aus dem 3. Jh. v. Chr. zeigt dagegen einen gebeugten alten Mann, dessen dürre und sehnige Gestalt von harter körperlicher Arbeit gezeichnet ist. Auf seiner Brust und an den Armen sind Falten und vortretende Venen zu sehen, seine spärliche Bekleidung besteht aus einem Lendenschurz. Trotzdem besitzt der Mann deutlich erkennbare Muskeln, die ihm Kraft für seine harte Arbeit auf See geben. Sein Gesicht ist nur von wenigen Falten gezeichnet und drückt die Würde seines Alters aus.
#XvsY: Doryphoros – militärischer Athlet, mit aufrechter lockerer Haltung und nackter jugendlicher Schönheit – versus alter Fischer – älterer Mann in gebeugter Haltung, erkennbar fortgeschrittenen Alters und mit von der schweren Arbeit gezeichnetem Körper.
Die Originale unserer Abgüsse befinden sich in Neapel – beim Doryphoros (Inv. 909) – und in Berlin und Aphrodisias (Türkei) – beim alten Fischer (Inv. Th 64 und 1253).