Die Ehrensäule für Kaiser Marc Aurel erhebt sich auf dem nördlichen Marsfeld an der Via Flaminia (heute: Piazza Colonna). Sie erinnert an den Sieg des Kaisers über nördliche Barbarenvölker, die in den Regionen des heutigen Ungarn lebten.
Mit dem Bau des Monumentes wurde womöglich noch zu Lebzeiten des Marc Aurel begonnen. Die Vollendung erfolgte jedoch erst 196 n. Chr. unter seinem Nachfolger Commodus, wie aus einer Inschrift hervorgeht.
Die insgesamt 41,95 m hohe Säule stand ca. 3,86 m unter dem heutigen Bodenniveau auf einer Plattform. Der 10,50 m hohe Sockel war durch eine Tür zugänglich, die heute aber nicht mehr sichtbar ist. Im Inneren der Säule windet sich eine Wendeltreppe bis zur Spitze empor, auf der seit dem 16. Jh. ein Standbild des Hl. Paulus postiert ist. Wie bei der Trajanssäule, die hier zweifellos als Vorbild diente, läuft ein Reliefband am Säulenschaft empor. Den historischen Hintergrund für die darauf dargestellten Ereignisse bilden die beiden Feldzüge Marc Aurels gegen Markomannen, Sarmaten und Germanen. Der erste Feldzug erfolgte 172/173 n. Chr., der zweite 174/175 n. Chr. Die Berichte über beide Kriege sind auf halber Höhe des Säulenschaftes durch eine Siegesgöttin, die auf einen Schild schreibt, voneinander getrennt. Auch darin stellt die Marcussäule eine enge Parallele zu der des Trajan dar.
Die Erzählung der Reliefs beginnt mit der Überschreitung der Donau. Es folgt die Schilderung der beiden Kriege in ihrer vollen Härte und Grausamkeit. Dabei bedient man sich auch hier, wie zuvor bei der Trajanssäule, bestimmter stereotyper Handlungsschemata: Die Ansprache des Kaisers an die Soldaten, Opfer, Festungsbau, Empfang von Gesandtschaften, Vorführung Gefangener, Märsche und blutrünstige Kampfszenen kehren in der Erzählung immer wieder. Der Kaiser selbst erscheint mehrmals auf der Bildfläche. Wie vor ihm Trajan ist auch er nie am unmittelbaren Kampfgeschehen beteiligt, sondern meist sieht man ihn - über allem stehend - im Kreise seiner Feldherren oder bei der Ansprache an seine Truppen.
Die Grausamkeit und Brutalität, mit der die Unterwerfung und Vernichtung der feindlichen Barbaren erfolgt, wird hier bei weitem drastischer geschildert, als es bei der Trajanssäule der Fall war. Die Rohheit der römischen Soldaten tritt deutlich und detailliert in bestimmten Situationen des Kampfes hervor: Legionäre vergreifen sich an Frauen und Kindern; ein Römer reißt den Feind am Haarschopf nach hinten, um ihm sogleich gnadenlos die Kehle zu durchstoßen; um Gnade flehende, bereits ins Knie gebrochene Barbaren werden erbarmunglos abgeschlachtet; über den niedergestürzten Feind sprengen römische Reiter hinweg.
Hier wird das barbarische, geradezu menschenverachtende Vorgehen der Römer sichtbar. Legitimiert wurde es dadurch, daß man den Feind nur „gemäß seiner eigenen Sitte“ (suis moribus) schlug. Man betrachtete die Barbaren nicht als gleichwertige Menschen, sondern als Wilde, die bar jeglicher Kultur die römische Ordnung zu gefährden suchten und daher mit Recht der Vernichtung durch das Imperium Romanum anheim fielen. Dieser Auffassung entspricht die negative Physiognomie, die den Barbaren kennzeichnet (grobes, stupides Gesicht, ungepflegter Bart). Alle schlechten Eigenschaften wie Unkultur, Feigheit und Niedertracht werden so zum Ausdruck gebracht. Auf den Reliefs der Markussäule stellt sich der Wertunterschied zwischen Römern und Barbaren aufgrund der oben beschriebenen überhöhten Grausamkeit der Unterwerfung viel krasser dar als auf denen der Trajanssäule.
Die Möglichkeit der drastischeren Darstellung bestimmter Handlungen liegt im Falle der Markussäule im Wandel des künstlerischen Stils. Die bei der Trajansäule so detaillierte Ausgestaltung von Geländebeschaffenheit, Bewaffnung, Tracht etc. erfährt in den Reliefs der Marcussäule eine starke Reduzierung. So kann der Blick des Betrachters stärker auf die einzelnen Personen und ihre Handlung gerichtet werden. Das Geschehen erhält ein noch größeres Gewicht gegenüber dem erzählenden Beiwerk.
Der Stil tendiert also zur Vereinfachung und Schematisierung. Die mannigfaltige Schichtung und die detailreiche Kompositionsweise der Trajanssäule wird aufgegeben. Der gesamte Relieffries ist höher, die Figuren sind in ihren Proportionen gelängt und nicht mehr so dicht gedrängt. Ferner heben sie sich stärker vom Reliefgrund ab, sodass sie besser zu sehen sind. Die geschilderten Ereignisse wirken daher für den Betrachter übersichtlicher.
Des weiteren erfolgt durch tiefe Bohrlöcher eine Auflösung der Reliefoberfläche in heftige Hell-Dunkel-Kontraste.
Diese Gestaltungsweise zeigt bereits die Hinwendung zum Stil des frühen 3. Jh.n.Chr. Der Stil der Reliefs steht in dieser Hinsicht dem des rund 10 Jahre später entstandenen Septimius Severus-Bogens nahe. Die Phase seit der Entstehung der Marcussäule, also das letzte Viertel des 2. Jh.n.Chr., wird auch als Zeit des antoninischen Stilwandels bezeichnet, als eine Hinwendung zu neuen Formen der künstlerischen Darstellung erfolgte. Sie lassen eine andere dramatische Gestaltung zu als der Stil der vorangehenden hadrianisch-antoninischen Epoche, in der noch klassische Ausgewogenheit und Verfeinerung der Konzeption angestrebt wurden. Dieser Stilwandel ist in der Abgußsammlung gut nachvollziehbar, da die Reliefplatten der Marcussäule unmittelbar neben denen der Trajanssäule aufgestellt sind.
Folgende Szenen aus den Kriegen Marc Aurels sind zu sehen:
1. Das Regenwunder im Land der Quaden
(Die von den Feinden in einem Kessel eingeschlossenen Römer werden durch einen Platzregen vor der Ausdörrung bewahrt und können so dennoch den Sieg gegen die Barbaren erringen.)
2. Verschiedene Kampfszenen
3. Vorführung und Abtransport von Gefangenen
4. Enthauptung und Tötung von Germanen
5. Marschierende römische Truppenteile
C. Caprino u.a., La Colonna di Marco Aurelio (1955);
F. Coarelli, Rom (1975) 269;
M. Jordan-Ruwe, Boreas 13, 1990, 53-69;
E. Petersen, Die Marcus-Säule (1896);
M. Wegner, JdI 46, 1931, 61 ff.;
P. Zanker, Barbarenbilder in der griechischen und römischen Kunst, in: Der Umgang mit dem Fremden. Symposium vom 12. - 14. 6. 1992 in Titisee (1992) 47-53.