Das Stück wurde 1880 in einem Sacellum mit ehemals reicher Marmorausstattung an der SW-Seite der Theaterporticus in Ostia gefunden. Nach den Baubefunden wurde diese Kapelle wohl erst in nach hadrianischer Zeit errichtet. Der sicher hadrianische Altar stand also ursprünglich an anderer Stelle.
Nach einer der Inschriften an der Vorderseite handelt es sich um einen Weihealtar, den P. Aelius Syneros, ein Libertus des kaiserlichen Freigelassenen und hohen Verwaltungsbeamten Trophimius, mit seinen drei Söhnen gestiftet hat. Auf der beim Münchner Abguss zum Teil zerstörten Basisplatte des Monuments verkündet eine kapitale Inschrift, dass die Aufstellung der Ara mit Billigung des Stadtrates von Ostia geschehen ist („decurionum decreto“). Die Weihung ist auf 1.10.124 n.Chr. datiert.
Entsprechend der Typologie römischer Weihealtäre werden die verehrten Gott-heiten auf der Vorderseite in statuarischer Frontalität wiedergegeben: Links Mars in heroischer Nacktheit, in der Mitte Venus, die den Kriegsgott im wahrsten Sinne des Wortes entwaffnet und sein Schwertband umgehängt hat, zwischen beiden Amor, der die von der Göttin ausgehende erotische Wirkung verbildlicht, sowie die der Venus heilige Gans. Rechts steht ein Knabe, der wohl als Hochzeitsgott Hymenaios angesprochen werden kann, obwohl er nicht wie üblich Flügel trägt. Für diese Deutung spricht vor allem die in Resten sichtbare Fackel in der Linken. Im 2. Jh.n.Chr. galten Mars und Venus, die göttlichen Stammeltern der Römer, bereits so sehr als exempla ehelicher Verbundenheit (concordia), daß Hymenaios hier entgegen der griechischen Mythologie ein Eheverhältnis andeuten kann.
Auf den Nebenseiten wird das Thema der Liebe von Venus und Mars in einer seit dem 4. Jh.v.Chr. geläufigen Form weitergesponnen: Der Gott ist vom Streitwagen gestiegen und hat seine Waffen abgelegt, mit denen nun die müßigen Diener seiner Geliebten Schabernack treiben. Im Gegensatz zur gedanklich bestimmten Reihung der Figuren vorn wird das Treiben der Putten hier lebendig und anschaulich erzählt.
Das Reliefbild der Rückseite lädt dagegen zur Reflexion ein. Zwei Hirten finden am Abhang des Palatin (die Personifikation links oben) beim Tiber (rechts unten) die von einer Wölfin gesäugten Marssöhne Romulus und Remus. Bei diesem wunderbaren Prodigium der künftigen Größe Roms ist sogar der Adler des Staatsgottes Jupiter zugegen. Viel Mühe hat der ausführende Meister auf die Darstellung der belebten Natur gelegt, während die Komposition wenig überzeugend wirkt: So gehen etwa die erstaunte Kopfwendung und das scheue Zurückweichen der beiden Hirten ins Leere.
Ein so umfangreicher und vielschichtiger Reliefzyklus findet sich auf römischen Weihealtären selten. Auch der üppige Schmuck des Monuments weist auf ungewöhnliche Ambitionen der Auftraggeber. Die Sphingen an den unteren Ecken des Altares (nur in Resten erhalten), die Widderköpfe und hängenden Girlanden sind dekorative Anleihen aus der Ikonographie der Grabaltäre und Kandelaberbasen des 1. Jh.n.Chr. ohne spezifischen Sinn. Der reiche Architekturdekor trägt zur Monumentalisierung der Ara bei.
Im Unterschied zu anderen Votivaltären scheinen hier sogar wirkliche Opfer stattgefunden zu haben. So zeigt die Oberseite zwischen den Pulvini eine rauh belassene Fläche und zwei Dübellöcher mit Gußkanälen. Vermutlich war hier eine Foculusplatte aus feuerfestem Material angebracht, wie sie bei Brandopfern unabdingbar ist. Die rechteckige Eintiefung in der Mitte war vielleicht ein Wolfsloch für den Transport des Stückes. Die Forschung ist bisher davon ausgegangen, dass diese Zurichtung der Oberfläche auf eine Zweitverwendung des Altars als Statuenbasis zurückgeht. Die nicht geglättete, gepickte Zone kann jedoch nie sichtbar gewesen sein und es muss sich um eine primäre Bearbeitung handeln. Auch in der zu vermutenden zweiten Verwendung (s. u.) war das Monument noch ein Altar, wie das Wort „(a)ram“ in der Kopfleiste der Vorderseite zeigt.
Normalerweise stellen Weihealtäre eine schlichte Form des antiken Ex-Voto dar. Bei anspruchsvollen Dedikationen wird dagegen zu Statuen oder Prachtgefäßen gegriffen. Es kann nur spekuliert werden, ob der vorliegende Befund auf dem Selbstverständnis der Weihenden beruht. Sollte vielleicht ein Brandopferaltar die aktive Pietas der Stifter besonders herausstreichen? Oder war für einen Freigelassenen ein Weihealtar einfach das gewohnte und angemessene Monument?
Bis zu diesem Punkt ist der Ostienser Altar ein Denkmal aus einem Guss: Seine Ausführung ist zeitlich nicht von dem inschriftlichen Datum zu trennen, wie der Stil zeigt (harter, klassizistischer Reliefstil, die Oberflächenbehandlung des ornamentalen Dekors, wie Girlanden, Binden und Bauornament). An der oberen Leiste findet sich jedoch eine weitere Inschrift. Auf der linken Nebenseite steht „votum Silano“ (Weihung an Silvanus), die Worte der Vorderseite sind fragmentiert und nicht deutbar. Es scheint undenkbar, dass ein so eindeutig als Weihung an Mars und Venus konzipiertes Monument, bei dem offenbar spezielle Auftraggeberwünsche berücksichtigt wurden, am Ende dem Silvanus geweiht wurde. Es wird allgemein angenommen, dass diese Inschrift eine Zweitverwendung dokumentiert, d. h. wohl die Aufstellung im Ostienser Sacellum. Auch dabei befremdet jedoch, dass der Reliefschmuck offenbar nur noch als hübscher Zierat ohne inhaltliche Bedeutung aufgefaßt wurde.
CIL XIV 51;
R. Lanciani, NSc 1881, 112f. Taf. 2 (Auffindung);
P. Ducati, MEFRA 26, 1906, 438ff. (grundlegend);
Helbig4 III 2306 (Simon);
A. Giuliani (Hrsg.), Museo Nazionale Romano. Le sculture I 1 (1979) 289ff. Abb.;
G. Ch. Picard, RA 1987, 255ff.;
zum Fundort vgl. I. Pohl, NSc 1978 Suppl., bes. 192f.;
Zu den verglichenen Denkmälergattungen:
E. Schraudolph, Götterdarstellungen auf römischen Weihreliefs und -altären aus Rom (Magisterarbeit München 1983);
D. Boschung, Antike Grabaltäre aus den Nekropolen Roms (1987);
H. U. Cain, Römische Marmorkandelaber (1985).